Wenn ich auf die letzten Wochen zurückblicke, dann kann ich die Geschehnisse und aktuellen Entwicklungen immer noch nicht glauben. Der Coronavirus – COVID-19 – hat sich so weltweit rasant verbreitet und auch vor den Seychellen keinen Halt gemacht.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, als ich im Januar auf die Seychellen geflogen bin und sich der Virus anfing in China zu verbreiten. Es dauerte dann nur wenige Wochen bis die Seychellen den ersten Einreisestop für China und weitere Länder, darunter der Italien, Südkorea und der Iran, bekanntgegeben.
Eine Verbreitung des Virus, wie aktuell in Europa, wäre für die Inseln eine Katastrophe. Das Gesundheitssystem ist nicht mit dem in Deutschland zu vergleichen. Die Betten in den Krankenhäusern sind sehr begrenzt, von Intensivbetten und Beatmungsgeräten ganz zu schweigen. Daher ist es für einen fragilen Inselstaat umso wichtiger, schnell und ohne Kompromisse zu handeln.
Inhalt
Die aktuelle Situation
Aktuell gibt es 10 Fälle auf Mahé. Über 100 Einheimische sind noch in Quarantäne zuhause oder im Krankenhaus. Aktuell darf und kann niemand mehr ein- und ausreisen. Der internationale Flughafen ist gesperrt – abgesehen für Cargo und Notlandungen. Rund 2000 Urlauber haben sich dazu entschieden, auf den Seychellen zu bleiben und befinden sich aktuell auf den Inseln.
Seit dem 9. April 2020 um 24 Uhr gibt es für 21 Tage einen offiziellen Lockdown auf den Seychellen. Alle Geschäfte, die keine notwendigen Produkte und Dienstleistungen liefern, müssen geschlossen bleiben. Auch soll jeder zuhause bleiben und nur für die notwendigsten Dinge das Haus verlassen. Es darf keiner mehr zur Arbeit gehen – nur noch die, die bei einem wichtigen Service arbeiten. Diese wurden von der Ministry of Health of Seychelles kürzlich bekanntgegeben. Auch die Fähre zwischen den Inseln darf nur noch für Notfälle genutzt werden.
Der Grund dafür, ist ein Fall in der einheimischen Bevölkerung auf Mahé, bei dem ein Flughafen-Mitarbeiter am Freitag (03. April) positiv getestet wurde. Alle anderen Fälle ereigneten sich bisher ausschließlich abgegrenzt in Quarantäne. Daher besteht nun die Angst, dass sich weitere Einheimische bei ihm angesteckt haben könnten.
Hier auf La Digue sind wir nach meiner Meinung nach noch recht sicher, da der Virus hier bisher noch nicht angekommen ist. Trotzdem bin ich vorsichtig. Auf dieser Insel sind die Läden schon seit längerem geschlossen. Daher fühlt es sich schon seit ein paar Wochen wie ein Lockdown an. Die Supermärkte haben noch bis nachmittags auf und es darf nur eine bestimmte Anzahl an Personen hinein.
Die Fähre fährt nach Mahé bzw. Praslin nur noch morgens hin und nachmittags zurück und darf aktuell nur noch aus einem wichtigen Grund genutzt werden. Auch die Inlandsflüge wurden komplett eingestellt.
COVID-19 auf den Seychellen – wie geht’s den Einheimischen?
Für diesen Blogbeitrag habe ich ein paar Einheimische zur aktuellen Situation befragt und ihre Gedanken möchte ich gerne mit euch teilen. In den nächsten Tagen folgen auch noch ein paar weitere Interviews.
1 | Ian Pillay, Tourist Guide auf Mahé
“Ich bin gesund. Als deutschsprachiger Guide auf Mahé bin ich momentan jedoch arbeitslos. In den nächsten drei Monaten wird mein Gehalt von der Regierung übernommen. Die meisten von uns machen sich Sorgen, wie es dauerhaft weiter geht. Das soziale System hat sich sehr geändert und zukünftig soll es mehr Demokratie geben.
Die Touristen werden ganz sicher irgendwann wieder kommen. Ich denke, dass wir bis September die Grenzen wieder offen haben. Der Tourismus wird meiner Meinung nach jedoch erst ab 2021 wieder richtig losgehen. Es hängt aber natürlich von Europa ab und wie sich die Situation dort entwickelt.
Auch bin ich besorgt, weil für die Touristen entweder alles viel teurer werden wird als jetzt oder es aber einen Wettkampf um den günstigsten Preis unter den Einheimischen und Reiseveranstaltern geben wird, dann wird jedoch leider auch der Massentourismus auf den Seychellen Einzug erhalten.
Es gibt aber auch positive Seiten. Seit der Eröffnung unseres Flughafens im Jahr 1972 hatten unsere Strände, Korallen und die Natur keine Ruhe vor den Touristen. Jetzt gibt es endlich mal eine Pause. Ich kann deutlich sehen, wie die Seychellois die leeren Strände ohne Touristen genießen. Und ich kann endlich mal wieder Fotos ohne Bikinis an den Stränden machen. Seychelles unique by a thousand miles!”
2 | René-Pierre Alis, Mahé (Manager, Seychelles European Reservations Ltd.)
“Wir haben die massiven Stornierungen der Monate März und April hinter uns, was für uns sehr stressig war, da wir sicherstellen mussten, dass keiner unserer Kunden aufgrund der Stornierungen der verschiedenen Fluggesellschaften auf den Seychellen gestrandet blieb.
Ich muss zugeben, dass das monatelange Arbeiten, das durchweg mit dem Abbruch von Reisen endete, eine große Enttäuschung für uns war. Jetzt müssen wir uns auf die nächsten mindestens fünf herausfordernden Monate vorbereiten. Keiner von uns weiß, wann der Coronavirus vollständig unter Kontrolle sein wird. Aktuell beginnen wir bereits einige Kunden auf Ende dieses Jahres (ab November und Anfang 2021) umzubuchen, was zeigt, dass die Menschen trotz der Situation immer noch ihren zukünftigen Urlaub planen – was für uns ein gutes Zeichen ist.
Natürlich ist der Coronavirus im Bereich des Tourismus eine Katastrophe und hat uns gezeigt, dass auch nach so vielen Jahren zunehmender Touristen und wirtschaftlicher Entwicklung auf den Seychellen, wir direkt davon betroffen sind, was auf der ganzen Welt passiert und nicht nur auf unseren Inseln.
Vielen wird derzeit klar, wie zerbrechlich wir sind und was die Konsequenzen sein können, wenn wir weltweit nicht die Aspekte beachten und nicht mit Sorgfalt handeln. Es gibt jedem momentan die Möglichkeit zu überlegen, was wir falsch gemacht haben, was geändert werden muss und was wir für unsere Zukunft wollen.
Trotz aller Warnsignale wurden diese in den letzten 20 Jahren ignoriert und der Coronavirus gibt nun dem öffentlichen und privaten Sektor keine Entschuldigung mehr, sich nicht die Zeit zum Nachdenken und Handeln zu nehmen.
Obwohl sich der Virus negativ auswirkt, wird es uns tatsächlich helfen, eine bessere Zukunft aufzubauen.
Wir werden uns zukünftig daran erinnern, dass unsere Lebensqualität immer von der Qualität unserer Umwelt abhängt.
3 | Mario von Edelweiss Tours, Tourist Guide auf Praslin
“Mir geht es gut. Angst habe ich momentan eigentlich nicht. Ich befürchte nur, dass wenn sich die Situation in den nächsten 4-6 Monaten in Europa und weltweit nicht ändert, dass wir dann hier auf den Seychellen nur noch das Allernötigste zum Leben haben, insbesondere was Nahrungsmittel betrifft. So war es auch als ich vor knapp 30 Jahren auf die Seychellen kam.
Als ich mich 1994 auf Praslin niedergelassen habe, gab es auch nur das Nötigste im Supermarkt: eine Sorte Reis, eine Sorte Pasta und ein paar andere Basislebensmittel. Damals habe ich die ersten Jahre sehr einfach gelebt, selbst angepflanzt und war größtenteils Selbstversorger. Wenn wir einkaufen gehen, sage ich jetzt schon zu meiner Partnerin, dass wir einige Produkte (ich nenne sie Luxusartikel) eine Weile nicht mehr sehen werden.
Die Strände sind momentan menschenleer. Das fällt besonders extrem an der Anse Lazio und der Anse Georgette auf.
Der Sand ist weich wie Puderzucker und nicht von den Touristen festgetreten.
Überall sieht man viele weiße Strandkrabben und die Löcher, die sie in den Sand buddeln, scheinen jetzt viel größer zu sein als sonst und es gibt viel mehr davon.
Wenn man nicht direkt im Ort lebt, ist es erstaunlich ruhig geworden. Es fahren viel weniger Autos. Und diejenigen, die Auto fahren, haben es nicht mehr so eilig wie noch vor 2 bis 4 Wochen. Alles ist heruntergefahren. Praslin ist viel gemütlicher geworden.
Rossetta, Seychelles Sustainable Tourism Foundation
“Ich fühle mich wie an einem seltsamen Ort und habe Angst um meine Familie, Freunde und alle Beteiligten. In den lokalen und internationalen Nachrichten informiere ich mich ständig über die aktuelle Situation, aber es bereitet mir nur noch mehr Angst.
Ich finde, dass die Organisationen hier vor Ort gute Änderungen vornehmen. Auch zeigt unsere Reaktion auf die Pandemie, dass das Potential besteht, drastische Veränderungen vornehmen zu können – vor allem auch in Hinblick auf die Klimakrise, die ja weiterhin akut bleibt.
Es ist nur leider so, dass die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels im Vergleich zu COVID-19 viel langsamer sind. Für uns Menschen ist es schwerer zu erkennen, welche tatsächlichen Auswirkungen der Klimawandel auf unser Leben hat. Wenn wir von Klimawandel sprechen, sind die Menschen daher viel weniger bereit, diese drastischen Änderungen vorzunehmen, wie sie es aktuell bei COVID-19 sind.
Das beunruhigt mich, denn der Klimawandel wird auch weiterhin akut sein – auch wenn die Pandemie überstanden ist.
Wenn sich die Lage beruhigt und wir auf das Eintreffen internationaler Touristen warten, sollten wir meiner Meinung nach endlich anerkennen, dass auch Seychellois Reisende in unserem eigenen Land sein können. Wir als Einheimische sollten das Recht auf die gleichen Dienstleistungen und Produkte haben wie ein Tourist.
Ich persönlich liebe z.B. handwerkliche Produkte und Kajakfahren mit einem lokalen Guide. Auch möchte ich gerne mehr über unsere eigene Kultur erfahren und lernen wie man traditionelle kreolische Gerichte kocht. Die Nachfrage wird dann natürlich viel geringer sein, aber wir könnten dann mit unserer eigenen Bevölkerung zusammenarbeiten und diese Dienstleistungen und Produkte für sie attraktiver machen.
Ivan, Tourist Guide auf Praslin
Körperlich bin ich fit, aber meine Gedanken sind irgendwo anders. Corona ist der schlimmste Feind der Menschheit, der uns alle weltweit betrifft. Ich lebe auf Praslin. Die Seychellen sind kleine Inseln, die nahezu komplett vom Tourismus abhängen und ich denke, dass unsere Wirtschaft definitiv untergehen wird.
Ich sehe aber auch positive Dinge. Der Coronavirus hat definitiv mehr Zusammenhalt und Liebe in unsere Bevölkerung gebracht. Vielen wird momentan bewusst, dass es keinen Planeten B gibt.
Wir müssen Mutter Natur respektieren und dankbar sein für das, was wir haben, und uns autarker und nachhaltiger machen.
Die aktuelle Situation hat in vielen Bereichen verschiedene Möglichkeiten geschaffen, z.B. besonders in der künstlerischen und handwerklichen Arbeit.
So kannst du helfen
Don’t cancel, postpone!
Dream now, travel Seychelles later!
Den größten Gefallen, den ihr den Seychellen und allen Partnern hier vor Ort tun könnt, ist, die Reise aufgrund von COVID-19 nicht zu stornieren, sondern zu verschieben. Die Krise betrifft weltweit jeden und ich finde es schwierig nur einzelne zu unterstützen.
Die wirtschaftliche Lage ist sehr bedrohlich. Und auch wenn für die nächsten Monate durch die Regierung vieles abgesichert ist, weiß niemand, wie lange dieser Zustand noch andauert. Die Einheimischen sind vor Ort recht gut abgesichert, so werden z.B. die Gehälter vorerst bis einschließlich Ende Juni gewährleistet. Auch kleinere Business-Modelle, wie Tourguides oder Bootsanbieter, bekommen weiterhin einen monatlichen Lohn. Auch ist es nicht erlaubt, Mitarbeiter in diesem Zeitraum zu kündigen. Die Regierung tut sehr viel für die Bevölkerung.
Dennoch sind die Seychellen auf den Tourismus angewiesen. Laut einer aktuellen Sendung im einheimischen TV, wird jedoch frühestens 2021 damit gerechnet. Die aktuellen Budgets basieren auf der Annahme, dass in den nächsten sechs Monaten auf den Seychellen keine Einnahmen durch den Tourismus auf den Seychellen generiert werden. Es bleibt nichts weiter, als abzuwarten. Und zu hoffen, dass sich die weltweite Krise schnellstens erholt.
COVID-19 auf den Seychellen – wichtige Informationsquellen
Die wichtigste Quelle ist Ministry of Health of Seychelles, genauer gesagt deren Facebook-Seite und Website, wo sie fast täglich Pressemitteilungen rund um COVID-19 veröffentlichen.
Ansonsten könnt ihr euch auf der Website des State House of Seychelles, dem Regierungssitz des Präsidenten, über seine Reden und Ansprachen informieren.
Neuigkeiten und aktuelle Infos teile ich auch in den Stories meines Instagram-Kanals (@WOLKENWEIT).
Über die weltweite Situation informiere ich mich bei der Health World Organization und dem Robert Koch Institut. Manchmal noch die Tagesschau. Alle anderen Medien habe ich, vor allem auf Facebook, ausgeblendet.
12 Kommentare
Vielen Dank für diese interessanten Einblicke in das Leben der Menschen auf den Seychellen. Unglaublich, dass man sich Sorgen um die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln machen muss! Während sich hier die Menschen die Abstellkammern mit Klopapier vollpacken, könnte es bei euch wirklich richtig eng werden.
Haltet durch und bleibt gesund!
LG
Sabiene
Hi Sabiene,
nein, die Grundnahrungsmittel wird es hier immer geben. Es geht lediglich um Luxusartikel.. aber hier auf La Digue sehe ich momentan noch keine Veränderungen, wenn ich in die Regale im Supermarkt schaue. Es ist alles da, was es auch sonst gibt. Früher wurde hier ja auch nichts importiert und die Einwohner haben überlebt. Es gibt Fisch, Obst, Maniok, Gemüse und viele andere leckere Dinge. Ach und vor allem Kokosnüsse. :)) Um Klopapier macht sich hier auch niemand Gedanken, das gab es hier früher ja auch nicht.
LG Simobe
Danke für die Eindrücke von euren Inseln in der aktuellen Situation! Dein Blog ist einfach wunderbar! Wir wollen nächstes Jahr im September unbedingt für 3 Wochen auf die Seychellen kommen und hoffen, diese Reise dann auch wirklich durchführen zu können!
Dein Reiseführer ist schon voll mit Notizen und auch dafür ein Dankeschön! So viel Herzblut, was man beim Lesen einfach spürt. Du lebst die Seychellen!
Bleibt alle gesund und liebe Grüße aus dem (eisheilig)kalten Deutschland!
Carolin
Hi Carolin,
das ist ja lieb, danke dir. Ich über deinen Kommentar habe ich mich sehr gefreut. Falls du 1-2 Minuten Zeit hast, würde ich mich über eine Bewertung auf Amazon oder meinem Blog freuen.
Ich sende dir ganz liebe Grüße von La Digue und bleib du auch gesund,
Simone
Wir haben für Ende August unsere langersehnte Seychellenreise gebucht – unter anderem, weil uns dein Blog davon überzeugt hat, das richtige Ziel gefunden zu haben. Nun hoffen wir nichts mehr, als, dass wir fliegen können… ganz liebe Grüße aus Österreich ins Paradies!
Hi Daniela,
ich drücke euch die Daumen – ansonsten könnt ihr die Reise ja etwas nach hinten verschieben.
Liebe Grüße von La Digue,
Simone
Hallo liebe Simone,
wir sind wiederholungstäter und haben unsere Flüge für Oktober gebucht und vor bei Roland wieder den Urlaub zu verbringen. Ich hoffe es klappt….
Nun wir sind in Gedanken bei Euch und haben viel Sehnsucht.
Es ist schön, Deinen Blog zu lesen und sich ganz nah zu fühlen. Bleibt gesund und seid ganz lieb gegrüßt aus dem kalten Deutschland..
Nicole Bamberger
Hi Nicole,
das freut mich. Ich drücke euch die Daumen, dass für Oktober alles klappt.
Liebe Grüße von den Seychellen,
Simone
Hallo! Ich würde gerne eine Seychellen-Reise buchen für Anfang 2021….Ist schon bekannt, ab wann der Flughafen von Mahe wieder für Flüge geöffnet ist bzw. wann man als Deutscher dort wieder zu touristischen Zwecken einreisen darf? Wie ist die Stimmung? Danke und Grüsse
Hallo,
leider nein, das ist aktuell noch nicht bekannt und lässt sich aktuell auch schwer planen.
Liebe Grüße,
Simone
Hallo Simone 1
Erstmal wünsche ich dir ganz viel Gesundheit für deinen Fuß ,und das es dir ganz schnell wieder besser geht ..Das Velo fahren auf La Digue ist leider auch das gleiche wie hier .,man müsste mehr Augen haben ..Ich verfolge die Entwicklung auf den Seychellen seit 35 Jahren ,aber was im Augenblick passiert, damit hat kein Zweibeiner gerechnet .Ich hoffe nur,, das wir da wieder gut rauskommen ,und wir durch das Virus was lernen können ????.Also Kopf hoch ,es kann nur besser werden. Ich wünsche dir einen schönen Sonntag mit vielleicht etwas Spaß ,kann auch ganz viel sein .???
Gruß kurt
Danke für die Genesungswünsche! Die Heilung ist im vollen Gange. :) Es lag nicht am Verkehrsaufkommen auf La Digue, sondern daran, dass die andere Person keine funktionierenden Bremsen hatte. Daher ist sie mir leider reingefahren. Ich wünsche dir eine schöne restliche Woche. Liebe Grüße,
Simone